Dienstag, 30. Mai 2017

Abenteuer Kanutour


Nach Wandern, Skilanglauf und Hundeschlittentour war mein nächsten Schweden-Abenteuer... Eine Kanutour! Es war Lukas' Idee und ich war direkt Feuer und Flamme! :) So etwas hatte ich sogar in Deutschland noch nie gemacht; ich kann mich lediglich daran erinnern, mal eine halbe Stunde über den Rursee gepaddelt zu sein...
Also war ich umso gespannter! Als ich im April verschiedene Kanuverleiher hier in Nordschweden angerufen habe, wurde meine Euphorie aber erstmal gebremst. "Viel zu kalt", "da ist eh alles noch zugefroren" und "macht das lieber im Juni/Juli, da ist eh alles viel schöner" bekam ich da zu hören und außerdem die Information, dass die Saison erst im Juni wirklich losgehe. Lukas hatte aber seinen Flug schon gebucht und wir waren davon überzeugt, dass wir auch vom 24.-27. Mai eine Kanutour würden machen können!

Und zum Glück war das Schicksal auf unserer Seite und drei Tage vor Beginn der Tour gab es eine sensationelle "Hitzewelle" in Schweden: 12-14 Grad und Sonne in Lulea und sogar 20 Grad in Åsele, wo wir die Tour geplant hatten. Bis dato war noch das gesamte Flussufer von einer Eisschicht bedeckt, die innerhalb von drei Tagen komplett verschwunden ist. Wir waren begeistert! Als wir Dienstag nachmittags bei strahlendem Sonnenschein in Åsele ankamen, war ich erstmal baff: 20 Grad im Mai in Schweden?! Es war wirklich ein unbeschreibliches Gefühl, meinen Pulli auszuziehen und mich im T-Shirt in die Sonne zu legen! :)

Der Ort war ein typisches schwedisches Dort und winzig (1800 Einwohner), hatte aber trotzdem 2(!) recht ordentliche Supermärkte. Lukas und ich haben uns direkt gefragt, womit die Menschen in Åsele wohl ihr Geld verdienen, denn nach Jobs sah es dort nicht wirklich aus und - obwohl es eine Touristinfo gab - auch nicht wirklich nach Tourismus. Nachdem wir uns ein wenig umgesehen und eine Karte der Umgebung gekauft hatten, brauchten wir einen Platz, um unser Zelt aufzuschlagen. Den haben wir in einem kleinen Waldstücke gefunden: Direkt am Fluss, mit einer Feuerstelle, Holz und einer geraden Fläche für das Zelt. Da war es schon super idyllisch und wir haben ein gemütliches kleines Lagerfeuer gemacht, uns ein Süppchen gekocht und Lukas hat versucht, mit Cabanossi einen Fisch zu angeln.

Überhaupt war Lukas total begeistert von der Idee, auf der Kanutour zu angeln, nur dass er nicht wirklich Ahnung vom Angeln hatte - und auch keine Angel. Wir waren in Lulea also kurz in einem Laden mit Angelabteilung, in der sich Lukas ziemlich willkürlich eine Schnur, eine Packung Haken und eine kleine Survival-Notangel mit Schwimmer gekauft hat. Nicht besonders vielversprechend, aber mir war es nur recht ;)
Am ersten Tag war er mit dem kleinen Schwimmer und dem Cabanossi-Köder auch ausgesprochen erfolglos, wobei wir auch keinen einzigen Fisch im Wasser gesehen haben.

Am nächsten Morgen haben wir dann früh unsere Sachen gepackt und sind wieder zurück ins Stadtzentrum gelaufen, wo wir uns mit dem Kanuverleiher getroffen haben. Der hat schon auf uns gewartet und hat uns mit einer Karte sehr gründlich und nett die verschiedenen Optionen erklärt, wie wir die nächsten drei bis vier Tage verbringen könnten. Der Ångermanälven, also der Fluss auf dem wir hauptsächlich unterwegs sein würden, war dabei deutlich größer als gedacht und an einigen Stellen gab es sogar Wasserkraftwerke, an denen wir unser Kanu vorbei tragen werden müssen, erklärte der Kanumensch. Wir haben uns dann dafür entschieden, am ersten Tag erst in einen kleinen Fluss hineinzufahren, in dem Bieber leben sollten, dann umzudrehen und die nächsten Tage den Ångermanälven mit der Strömung entlang zu fahren, bis wir zu einem Stausee kämen. Dort wollten wir je nachdem wie viel Zeit wir noch hätten einen anderen Fluss gegen die Strömung ein Stück rauf fahren.
Nachdem wir mit dem Kanumenschen noch über Bären, Vielfraße und das Kanu diskutiert hatten, haben wir irgendwann gemerkt, dass auch er Deutscher war (oder zumindest fast: Österreicher) und wir die ganze Konversation auch gut auf deutsch hätten führen können. War aber auch nicht schlimm, da keiner von uns dreien Schwierigkeiten mit englisch hatte ;) Dabei war ich mir so sicher, dass er Schwede war, so gelassen und nett war er!

Dann ging es aber endlich los! Wir haben uns ein Kanu geteilt, ich saß vorne und Lukas hinten, wodurch er gleichzeitig der Steuermann war, ich aber den schöneren Ausblick hatte. Das Gepäck hat ganz gut in die Mitte gepasst und alle Wertsachen haben wir in wasserdichte Tüten und Säcke eingepackt, weil Lukas meinte, mit mir könne man sich ja nicht so sicher sein, dass man nicht kentert...
Das Kanufahren selber funktionierte eigentlich ganz gut, nur dass Lukas deutlich stärker paddeln konnte als ich, sodass wir immer zu einer Seite abgedriftet sind, selbst wenn ich mich angestrengt habe. Das hat die ganzen drei Tage im Kanu recht unterhaltsam gemacht, weil ich manchmal einfach vergessen habe, weiter zu paddeln oder so schwach gepaddelt habe, dass ich es genauso gut auch hätte bleiben lassen können. Lukas hat mich von hinten dann immer ermahnt, ich solle nicht so wackeln und nicht ständig vergessen, zu paddeln... Es war auf jeden Fall eine lustige Zeit!

Wir sind dann also voller Erwartungen gegen die (zum Glück schwache) Strömung den Bieber-Fluss rauf gepaddelt und haben ganz gespannt nach rechts und links geguckt. Einen Bieber in freier Wildbahn zu sehen hätte ich schon echt gefeiert! Leider haben uns die Bieber diesen Erfolg aber nicht gegönnt und haben sich schön in ihren Dämmen versteckt. Wenigstens von denen haben wir aber einige gesehen, aus Ästen, Laub und kleineren Baumstämmen gebaut am Rand des Flusses. Einmal haben wir es plötzlich am Ufer rascheln hören und dann gab es einen Platscher - ein Bieber ist in den Fluss gesprungen! Wir sind so schnell wir konnten dort hin gepaddelt und konnten am Rascheln des Schilfes genau mitverfolgen, wo der Bieber gerade getaucht ist. Doch dann war das Rascheln einfach weg und der  Bieber verschwunden - schade.

Ein wenig enttäuscht sind wir also flussabwärts wieder zurück zum großen Ångermanälven gepaddelt und haben uns auf den eigentlichen Weg den Fluss entlang gemacht. Dort war die Strömung schon ein bisschen stärker und wir konnten bequem den Fluss hinunter fahren, was bei strahlendem Sonnenschein wirklich ein tolles Gefühl war. Kurz darauf haben wir dann auf einer kleinen Insel angehalten, um uns zum Mittag ein Süppchen zu kochen. Um dann dort festzustellen: Unser Topf ist weg!
Wir hatten einen Gaskocher und einen kleinen, praktischen Topf dabei, in dem wir Nudeln mit Pesto, ein Curry mit Reis und Couscous mit Gemüse kochen wollten - selbst mit Topf recht anspruchsvolle Gerichte fürs Campen. Nun war der Topf aber nicht auffindbar und langsam dämmerte uns, wo er war: Wir hatten ihn, weil er dreckig war, kurz in unsere Mülltüte gesteckt und die war noch beim Kanuverleiher im Auto. Na toll. Die Kanutour hatte noch nicht mal richtig angefangen und schon hatten wir ein Problem - wir konnten uns kaum halten vor Lachen aus Verzweiflung! Zurück fahren wollten wir nicht aber kochen mussten wir unseren Kram natürlich trotzdem, denn besonders viel anderen Essen hatten wir nicht dabei, nur ein bisschen Brot und Gouda fürs Frühstück und Pick-Ups, die Lukas vom Fabrikverkauf in Aachen mitgebracht hatte.

Also mussten wir kreativ werden. Einen Topf selber bauen aus Naturmaterialien? Schwierig. Der würde uns wahrscheinlich direkt abbrennen. Alles kalt essen? Funktioniert auch eher schlecht bei Reis und Nudeln. Da ist uns aufgefallen, dass wir neben den Suppen auch ein Fertiggericht in der Dose dabei hatten und wer hat nicht schon einmal etwas bei einem Festival direkt in der Dose aufgewärmt? Also hatten wir einen Plan. Leider war die Dose mit 375 ml nur die kleine Variante und hatte außerdem innen so eine dünne Plastikbeschichtung. Aber what doesn't kill you makes you stronger, oder wie war das? :D
Wir haben also angefangen, alles in der Dose zu kochen und tatsächlich ging es eigentlich ganz gut, nur dass man ständig umrühren musste, damit nichts anbrennt. Und es hat natürlich ewig gedauert, weil man für eine Tüte Suppe zwei Dosen heißes Wasser brauchte, wobei die Suppen echt noch human waren. Um Lukas mit den Nudeln satt zu bekommen, mussten wir allein für ihn fünf Dosen Nudeln machen! Und für mich nochmal zwei, also insgesamt saßen wir da eineinhalb Stunden am Gaskocher und haben Nudeln gekocht. Noch besser war aber eigentlich das Curry, wo wir gleichzeitig Reis kochen, Gemüse anbraten und Kokosmilch mit Currypaste kochen mussten - eine richtige Herausforderung. Die wir aber gemeistert haben! Den Reis haben wir in einer Dose aufs Lagerfeuer gestellt, während wie die Kokosmilch in ihrer eigenen Dose gekocht haben - und das Gemüse wurde halt ein bisschen gegrillt und dann fast roh gegessen. Aber lecker war's am Ende trotzdem! Ich fand das ganze ziemlich lustig und so werden wir die Kanutour auf jeden Fall immer gut in Erinnerung behalten.

Auch der Rest der Tour war total schön, vor allem dadurch, dass wir wirklich traumhaftes Wetter und eine tolle Landschaft am Fluss hatten, wie man auch gut auf den Fotos unten sehen kann. Die Strömung war mal stärker und mal schwächer und wir haben am ersten Tag ca. 13 km, am zweiten fast 25 km und am dritten Tag ca. 8 km gemacht, also immer so, wie es uns gerade gepasst hat.

Ein Highlight war auf jeden Fall noch das Ende des ersten Tages, als wir gerade anlegen wollten und Lukas die Angelschnur, die wir hinter dem Boot hergezogen hatten, einholte. An ihr hatte er einen aus dem Deckel einer Dose selbst gebauten Blinker befestigt, weil die Cabanossi sich nicht als erfolgreich herausgestellt hatten. Ich hatte nicht besonders viel Glauben an die neue Technik, aber als Lukas die Schnur einholte, hing da doch tatsächlich ein Fisch dran! Und ein nicht zu kleiner! Bestimmt 25cm lang war der und ziemlich hübsch, mit roten Flossen. Ich war erstmal geschockt über Lukas' Fang, er dagegen völlig euphorisch: "OMG! Ich habe 'nen Fisch gefangen!!!". Mir tat der Fisch einfach nur schrecklich leid, aber wenigstens hat Lukas ihn schnell von seinen Leiden erlöst und ihm direkt den Kopf abgeschnitten. Also ich könnte das ja nicht, aber ich esse ja auch keinen Fisch. Und ich verstehe auch nicht, warum Leute so viel Spaß daran haben, Fische aus dem Wasser zu holen und dann zu töten. Wobei ich das okay finde, solange man den Fisch dann am Ende auch wirklich isst und nicht nur zum Spaß tötet und dann im Wald liegen lässt.
Lukas hat seinen Fisch auf jeden Fall an Ort und Stelle getötet, ausgenommen und dann zum Abendessen gegrillt - immerhin. Zu meiner Freude war es auch der einzige Fisch, der durch unsere Kanutour dran glauben musste und durch ihn haben sich wenigstens die 10€ für unsere Angelerlaubnis gelohnt. Am Ufer haben wir noch zweimal riesige Hechte gesehen, die fast einen Meter lang waren, und Lukas wollte sie unbedingt mit einer Harpune erstechen. Das konnte ich zum Glück verhindern, indem ich laute Geräusche und Bewegungen gemacht habe, um die Hechte zu vertreiben. Besser ist es!

Ansonsten haben wir viel Zeit auf dem Wasser verbracht, das schöne Wetter genossen und ich habe einen ziemlichen Sonnenbrand im Gesicht und auf den Handrücken bekommen, weil wir leider keine Sonnencreme dabei hatten. Ins Wasser haben wir uns leider nicht getraut, dafür war das - frisch getaute - Wasser einfach noch nicht warm genug.
Einen Abend hat sich plötzlich ein richtiger Sturm vor uns zusammengebraut, sodass wir kaum noch voran kamen und wir fast gegen eine Felswand geschwemmt wurden. Da haben wir dann ordentlich gegen an gepaddelt und uns schnell ans Ufer gerettet, wo wir sogar noch einen schützenden Unterstand gefunden haben.

Es war auf jeden Fall eine richtig schöne Tour, gerade dadurch, dass wir so tolles Wetter hatten und dass die Natur am Fluss so wunderschön war. Wie Lukas schön gesagt hat: Wenn man in Schweden in der Natur ist, kann man sich gar nicht vorstellen, wie es ist, in Aachen in der Stadt zu sein. Es ist einfach ein ganz anderes Lebensgefühl und man denkt an nichts als das Wasser, die Bäume, Tiere und die nächste Mahlzeit. Ein Gefühl, dass ich inzwischen mehr oder weniger seit 5 Monaten lebe das ich sicherlich sehr vermissen werde, wenn ich wieder zuhause in Deutschland bin... Deshalb möchte ich die Zeit, die mir hier noch bleibt, so gut nutzen und so viel genießen wie es nur irgendwie geht ♥


































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