Mittwoch, 19. April 2017

Hundeschlittentour

Letzte Woche habe ich mir endlich einen lang gehegten Traum erfüllt: Eine einwöchige Hundeschlittentour durch die schwedischen Berge!



Eine Freundin hatte mir in Aachen einmal davon erzählt und seitdem hatte ich den Wunsch, einmal eine Woche mit nichts als Hunden, Schnee und Bergen um mich herum zu verbringen. Daraufhin habe ich meine Freunde in Lulea gefragt, ob nicht jemand Lust hätte dieses (nicht ganz günstige) Abenteuer mit mir zu wagen und Regi, ein Freund von mir der hier in Lulea seinen Doktor macht, hat sich bereiterklärt, mitzukommen :)

Unsere Hundeschlittentour war Mitte April, was sich als der perfekte Zeitpunkt herausgestellt hat: Die Tage sind lang, das Wetter ist meistens gut und mit um die -5 Grad tagsüber recht warm und überall liegt meterhoch weißer Pulverschnee.

Zuerst sind mir dem Zug nach Kiruna gefahren, wo der Kennel war (ich habe keine Ahnung wie man das auf deutsch ausdrückt, Hundezwinger?) und haben dort eine Nacht übernachtet. Abends haben wir unseren Guide kennengelernt: Andi. Ein etwas über dreißig jähriger Schweizer, der schon auf der ganzen Welt auf Abenteuern war und seit einigen Jahren in Schweden lebt. Er wirkte super nett und cool und hat uns am Anfang erklärt, wie so ein Hundeschlitten aufgebaut ist, wie man darauf fährt
und was es sonst noch so zu beachten gibt. Da kam schon ein bisschen Vorfreude auf!
Auch unsere Gruppe war super nett. Wir waren unterwegs mit Nathalie, einer 25-jährigen Belgierin, die kurz davor war, nach Amerika auszuwandern, ihrem Vater und Simon, einem fast 40-jährigen Briten, der gerade mitten in einer Midlife-Crises steckte, weil seine Frau ihn verlassen hatte. Eine ziemlich bunt zusammengemischte Truppe also, die mir Tag für Tag mehr ans Herz gewachsen ist.

Dann ging es endlich los! Jeder hat einen eigenen Schlitten und ein Team aus fünf Hunden bekommen, das man dann die ganze Woche behalten hat. Meins bestand aus Plopp und Groubian, meinen "Leaddogs", die vorne gelaufen sind, Draco, der so verschmust war, das er schnell mein Lieblingshund wurde, Gonzo, der etwas stürmisch und übermotiviert war und vor dem ich am Anfang noch ziemlich Respekt hatte, und River, der super ruhig war und nicht den Eindruck gemacht hat, als interessiere ihn dieses ganze Schlittengeziehe im Geringsten.
Damit hatte ich einfach mal das Wahnsinns-Team schlechthin, weil alle meine Hunde ziemlich groß und kräftig waren, was dazu führte, dass ich fast immer die schnellste war und ständig auf die anderen warten musste. Machte aber nichts :)

Wenn die Hunde in ihren Zwingern sind, sind sie super ruhig und gelassen, aber sobald sie merken, dass es los auf eine Tour geht, drehen sie völlig durch! Huskies lieben es, Dinge zu ziehen und sobald sie vor einen Schlitten gespannt sind, ziehen sie wie die Wahnsinnigen so doll sie können, bellen und rasten komplett aus. Jedes mal! Ich habe mal ein Video gemacht, um das zu dokumentieren, weil ich es am Anfang selber kaum geglaubt habe:


Deswegen war es auch immer super wichtig, den Schlitten mit sogenannten "Schneeankern" gut zu befestigen und umzukippen. Denn wenn die Hunde einmal mit einem unbemannten Schlitten los sind, hören sie nicht wieder auf zu rennen, bevor sie über alle Berge sind!

Am Anfang der Tour sind wir mit dem Auto zum Abisko Nationalpark gefahren worden. Von dort aus ging es durch die Berge zwischen 15 und 40 Kilometer am Tag den Kungsleden entlang nach Süden in Richtung Nikkalukta. Wir hatten uns im vorhinein schon etwas Sorgen gemacht, dass im April kein Schnee mehr für die Hundeschlitten liegen würde, weil es in Lulea schon angefangen hatte zu tauen, doch diese Sorge war völlig unbegründet!
Wir sind mitten im Winterwunderland gelandet, umgeben von kilometerweit nichts als Bergen, meterhohem Schnee und Sonne, es war einfach unglaublich! Die Schneebedingungen waren perfekt, es lag viel Neuschnee, auf dem die Hunde gut laufen und die Schlitten gut gleiten konnten. Ich war wirklich überwältigt, vor allem weil ich gar nicht wusste, dass es so eine eindrucksvolle Berglandschaft in Schweden gibt.

Das Schlittenfahren selbst hat mir viel Spaß gemacht und im Prinzip war es auch ganz einfach. Man steht auf dem Schlitten mit beiden Füßen auf den Kufen. Wenn man losfahren möchte, ruft man "Go!", doch eigentlich ist das meistens gar nicht notwendig, weil die Hunde schon ganz von alleine ziehen. Die Herausforderung ist schon eher das stehen bleiben: Man hat eine Metallbremse, auf die man treten bzw. auf die man sich stellen kann, wodurch sich Metallhaken in den Boden bohren. Dann merken die Hunde mit etwas Glück, dass es nicht mehr weiter geht und bleiben stehen. Meine Hunde waren allerdings so stark, dass sie mich oft - selbst wenn ich auf der Bremse stand - einfach weiter gezogen haben. Deshalb war das Bremsen und auch einfach stehen bleiben immer eine lustige Angelegenheit.
Lenken mussten wir zum Glück nicht, das haben die Hunde selbst gemacht. Die beiden vorderen "Leaddogs" waren dazu ausgebildet, den Spuren ihrer Vorgänger zu folgen, was auch (fast) immer gut geklappt hat. Nur die beiden Hunde des Guides verstanden rechts und links (ge und ho) und er hat damit unseren Weg bestimmt. Beim Fahren musste man also nur darauf achten, sich in die Kurven zu lehnen, um nicht umzukippen und nicht in seinen Vordermann rein zu fahren. Es ist also eine ganz entspannte Art zu reisen :)

Was mir am meisten am Hundeschlittenfahren gefallen hat, ist, wie gut man damit in den Bergen voran kommt und was für Möglichkeiten man dadurch hat. Wir waren bei weitem nicht so laut und dreckig wie Schneemobile, konnten aber (im Vergleich zu Skilangläufern) problemlos 40km am Tag zurücklegen. Darum hatten wir am zweiten Tag die Gelegenheit, komplett abseits der markierten Wege durch die Einsamkeit über ein Plateau zu fahren, ohne dass wir auch nur einen Menschen oder eine Hütte gesehen hätten. Auf Skiern wäre das viel zu gefährlich gewesen.

Mittags bzw. abends (je nachdem wann wir ankamen) haben wir unser Lager aus Zelten aufgeschlagen. Dabei war die oberste Regel: Hunde zuerst! Das erste was mir machen mussten, war, die Hunde von den Schlitten zu nehmen, ihnen die Geschirre auszuziehen und sie an eine Kette anzubinden. Dort konnten sie sich entspannen und haben so auch die Nächte verbracht. Danach ging die Routine weiter mit Wasser aufkochen fürs Hundefutter und Fleischblöcke zerhacken, die Hunde haben nämlich tiefgefrorendes Fleisch bekommen, das wir mit heißem Wasser gemischt haben. Wenn das Hundefutter fertig angerichtet war, hieß es Zelte aufbauen und oft mussten wir dafür außerdem 60cm tiefe Löcher graben, damit die Zelte vor Wind geschützt waren. Danach war man dann meistens ziemlich kaputt und konnte sich endlich kurz ausruhen. Am ersten Tag haben wir unser Lager mitten im nichts aufgeschlagen, aber an allen anderen Tagen waren wir in der Nähe von Hütten, in denen wir uns aufwärmen und unser Essen kochen konnten. Da war ich jedes mal wirklich dankbar für! Einmal hatten wir sogar eine Sauna! :) 

Die "schlimmste" Nachte war eindeutig die erste, als wir bei -14 Grad im Zelten geschlafen haben. Wir haben zwar gute Schlafsäcke bekommen, aber das hat mir leider nur so mittelgut gegen die Kälte geholfen... Ich bin ständig aufgewacht, habe nachts einen Krampf im Bein bekommen und war heilfroh, als die Nacht endlich vorbei war (und es draußen trotzdem noch arschkalt war...). Und in einer anderen Nacht hatten wir noch einen Schneesturm, der haufenweise Schnee gegen die Zeltwände und ins Vorzelt gepustet hat und der das Zelt so geschüttelt hat, dass man kaum schlafen konnte! Die anderen Nächte waren zum Glück deutlich ruhiger und wärmer und eine Nacht haben wir sogar in einer Hütte geschlafen.  Ansonsten waren die Temperaturen echt okay und es war super angenehm, eine ganze Woche lang weit weg von Abgasen, Lärm und Handyempfang zu sein.

Wie so oft wenn man Spaß hat, ging die Woche viel zu schnell rum und nach sechs Tagen war mein Abenteuer auch schon wieder vorbei. In der Woche sind mir sowohl die Gruppe, mit der wir wahnsinnig viel gelacht und Spaß gehabt haben, als auch die Hunde sehr ans Herz gewachsen und ich war schon etwas traurig, nicht mehr mitten in der Natur zu sein, keine Verpflichtungen und kein Handy zu haben. Es war ein einmaliges Erlebnis und ich würde jedem nur dazu raten, es auch einmal auszuprobieren! :)
































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