Sonntag, 12. Februar 2017

Ein interessanter Field Trip nach Älvsbyn...

Am Montag hieß es für mich trotz einer kurzen Nacht, die ich dem Super Bowl zu verdanken hatte, früh aufstehen: Mein erster Field Trip in Schweden stand auf dem Programm.
Wir würden zu einer Teststrecke für Autos/Reifen fahren, um dort die Scherung im Schnee auf der Strecke zu messen. Ich hatte zwar noch immer keine Ahnung, wie genau das von sich gehen sollte und was wir uns davon erhofften, war aber auf jeden Fall gespannt, die Teststrecke zu sehen.
Ich rechnete damit, dass wir dort ankommen, zwei oder drei Versuche machen würden und uns dann wieder auf den Weg zurück zur Uni machen würden. Aber weit gefehlt...

Mit dem Auto dauerte es erstmal über eine Stunde, bis wir im abgelegenen Älvsbyn waren, wo die Strecke lag. Außerdem war es nicht nur meine aus vier Schweden bestehende Gruppe, die dorthin fuhr, sondern außerdem Lavan, ein  Doktorand aus Indien, der über optische Messungen im Schnee promoviert. Nur in Lulea...
Wir kamen also um 9 Uhr im Büro der Teststrecke an und trafen auf: Deutsche! Anscheinend testen vor allem deutsche Auto- und Reifenhersteller die Wintertauglichkeit ihrer neuen Produkte in Nordschweden und die zugehörigen Mitarbeiter immigrieren gleich mit, zumindest für die Wintermonate. In Älvsbyn arbeiteten auf jeden Fall ca. acht Deutsche und zwei Schweden. Und die Deutschen haben sich sehr gewundert und gefreut, mich dort kennen zu lernen, vermutlich weil sie sonst nur sich gegenseitig haben zum Unterhalten. Sie waren aber auf jeden Fall sehr nett und haben uns gezeigt, wie wir zur eigentlichen Teststrecke kommen. Außerdem haben sie uns angeboten, dass wir um 12 Uhr mit ihnen zusammen Lunch essen könnten. Zu dem Zeitpunkt schwante mir bereits böses...
Wir haben uns also aufgemacht zu den Teststrecken, die aus langen schneebedeckten Straßen auf einem riesigen zugefrorenen See bestanden. Manche waren härter, manche weicher und auf einigen fuhren die ganze Zeit neue VWs und Porsches auf und ab.
Meine Gruppe und ich haben also unser antikes Scherungsmessgerät ausgepackt und in den Schnee gestellt. Abgesehen davon hatten wir noch ein Mikroskop mit einer Kamera bekommen, womit wir denn Schnee mikroskopieren sollten. Wie man das genau macht, worauf wir achten sollten und warum das ganze, konnten mir die anderen auch nicht sagen.
Also haben wir angefangen und den Bohrer in den Schnee gekloppt, um ihn dann mit Hilfe des Geräts zu drehen und den Punkt zu messen, an dem er beginnt, sich im Schnee zu drehen. Allerdings stellte sich das Messgerät dabei als wenig zuverlässig heraus: Mal bewegte sich die Nadel in die falsche Richtung, mal drehte der Bohrer durch und manchmal erreichten wir einfach das Maximum der Skala, ohne dass sich der Bohrer gedreht hatte. Also war uns bereits nach zwei oder drei Messungen bzw. einer halben Stunde klar, dass unsere Messungen hier eher wenig Sinn machen würden.
Unser Mitfahrer Lavan dagegen wirkte sehr motiviert und hatte wirklich Ahnung, was er da eigentlich tat (nämlich messen, wie viel Licht der Schnee auf den verschiedenen Strecken absorbierte), brauchte dafür aber auch dementsprechend lange.
Und es war kalt. Verdammt kalt. Zwar waren es nur -7 Grad an dem Tag, aber nach einigen Stunden draußen spürt man nach und nach erst seine Zehen, dann seine Finger und dann Teile des Gesichts nicht mehr. Und ich war ja noch nicht einmal so sonderlich warm angezogen, weil ich nur mit ein paar kurzen Messungen gerechnet hatte! Dementsprechend lang kam mir auch die Zeit vor, in der wir Lavan halfen oder an unseren eigenen Messungen bastelten. Als Lavan um kurz vor 12 schließlich anfing, seine Geräte ins Auto zu packen, dachte ich: Endlich geschafft! Bis er dann sagte: "So, das war die erste Strecke, nach dem Lunch machen wir dann die anderen drei."
Ich war starr vor Schock (und Kälte).
Im Endeffekt haben wir dann Lunch gegessen und noch bis 17 Uhr auf verschiedenen Teststrecken Messungen durchgeführt. Die anderen hatten zum Glück noch richtig dicke Schuhe und Handschuhe für mich, sodass es wenigstens erträglich wurde, wenn auch nicht angenehm. Vor allem weil ich ja noch völlig übermüdet war vom Super Bowl. Unsere Messungen wurden aber immer nur abstruser und sinnloser und wir haben keinerlei Konsistenz in die Ergebnisse bekommen. Außerdem haben wir fleißig Schneeproben mikroskopiert und die Fotos auf dem PC gespeichert, auch wenn niemand wusste, wozu eigentlich. Das alles führte zu einer ziemlich lustigen Stimmung und ich habe wenigstens viel gelacht mit meiner Gruppe und dabei eine Menge Schwedisch gelernt :) Das wichtigste: "Ska vi packa ihop?", also "Sollen wir zusammenpacken?".
Der Tag war also nicht völlig nutzlos. Als ich die anderen gefragt habe, was wir denn jetzt in unseren Project Report schreiben würden, meinten sie, wir sollten einfach schreiben, was passiert ist und dass das Gerät offensichtlich nicht richtig funktioniert, der Bericht gebe ja eh nur 4 Credits.
Also wenn man in Aachen so 4 Credits bekommen würde, hätte ich nach zwei Jahren meinen Bachelor gehabt.
Auf jeden Fall war unser Field Trip eine richtige Herausforderung für mich und definitiv einer der "kältesten" Tage meines Lebens, vom Gefühl her. Ich hatte das Gefühl, er würde nie enden. Umso schöner war dann das Gefühl am Ende, endlich im warmen Auto sitzen zu können und einzuschlafen.







Unsere wirren Ergebnisse:


Meine Gruppe:


Und ein Erlkönig (ich geheimer Paparrazi)!


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