Donnerstag, 23. Februar 2017

Iglu bauen in Arvidsjaur

Der Grund, warum ich das Fach "Snow and Ice" in der Uni gewählt habe, hat letzte Woche stattgefunden: Ein Field Trip für drei Tage in die Military Base in Arvidsjaur, bei dem wir unsere eigenen Iglus (bzw. richtigerweise Quincys) bauen und drei Tage lang draußen im hohen Schnee verbringen und Experimente machen. Und der Trip hat alles gehalten, was er versprochen hat!

Am Montag ging es morgens früh los, sodass wir um 9 Uhr in der Base in Arvidsjaur ankamen. Dort wurden wir von einem ziemlich netten und verquatschen Soldaten empfangen, der sich als der Chef der Base vorstellte: Tony. Ich hatte mir vorgestellt, dass es in der Base recht autoritär zugehen würde und alles karg und einfach wäre. Doch wie schon so oft wurde ich von Schweden überrascht: Das Gebäude war nur von einer Schranke mit Pförtner bewacht, drinnen sah es aus wie in einem hübscheren Schullandheim und als wir ankamen, hat uns unser Chef erstmal einzeln mit Anekdoten aus unseren Heimatländern (26 von 31 der Leute im Kurs sind Austauschstudierende) begrüßt und erzählt, wo in der Welt er selbst schon alles herumgereist war. Es war auf jeden Fall ziemlich lustig und entspannt.

Nach dem Begrüßungs-Frühstück durften wir unsere Zimmer beziehen, die auch sehr an eine Jugendherberge erinnert haben. Unseres war ein 10er-Zimmer, in dem wir aber zu fünft geschlafen haben. Die Betten haben total gequietscht und waren aus Metall, dafür waren sie aber auch bequemer, als sie aussahen. Dazu gab es einen großen Vorraum mit vielen großen Spinden und ein Badezimmer mit Duschen, die man aber nicht zumachen oder abschließen konnte oder so, und eine Trockenraum. Es war also gar nicht mal so ungemütlich in der Basis, auch wenn ich dort nicht unbedingt einziehen wollen würde.

Nachdem wir unsere eigenen Sachen weggebracht hatten, sind wir alle zusammen ins Lager gegangen und haben einen Haufen Militärkleidung ausgeliehen bekommen: Lange Unterwäsche, einen Wollpulli, Regenjacke und dünne Regenhose, Wärmemantel, Wärmehose, Mütze, dicke Socken, Schlafsack, Gummistiefel mit extra Innenfutter, Handschuhe mit extra Innenfutter, zwei Rucksäcke, Isomatte, Besteck, Thermoskanne, Trinkflasche und was weiß ich, was ich noch alles vergessen habe. Es war auf jeden Fall ein riesiger Haufen Sachen, die ich kaum alle tragen konnte. Lustigerweise standen die Produktionsjahre auf den Klamotten und die meisten waren schon ziemlich alt: Meine lange Unterhose zum Beispiel von 1996.
Außerdem waren es nicht wirklich hoch moderne Hightech-Sachen, sodass ich statt der augeleierten Militär-Baumwoll-Leggins lieber meine eigenen Thermo-Unterwäsche anbehalten habe...
Den Rest mussten wir aber anziehen, 1. damit wir alle gleich aussehen und 2. damit wir auch alle gleich frieren würden. Da kam ich mir dann schon etwas mehr vor wie beim Militär.




Bestens ausgestattet und angezogen ging es nun endlich raus in den Schnee, zu einem Waldstück etwa 15 Minuten Busfahrt entfernt von der Basis. Dort gab es ein großes freies Feld, auf dem eine ca. 70cm hohe unberührte Schneedecke lag.
Das gute bzw. fürs Iglubauen schlechte an dem Tag war, dass es verdammt warm war, 5 Grad! So warm war es bisher kein einziges mal, seit ich in Lulea bin! Wir mussten nicht einmal die warmen Sachen anziehen, sondern hatten nur den Pulli und die Regenjacken an. Das hieß zum einen, dass es sich draußen super aushalten ließ, zum anderen aber auch, dass der gesamte Schnee an der Oberfläche zu einer Eisfläche zusammengeschmolzen war und dass er insgesamt sehr schwer und nass war (wenn ich nicht ansatzweise so wie der Schnee im Winter in Deutschland).

Dann ging es endlich los: Jede Gruppe hat fünf Schaufeln bekommen und durfte anfangen, einen riesigen Schneehaufen zu bauen. Am Anfang war es super schwierig, durch den Schnee zu laufen, weil man bei jedem Schritt 50cm eingesunken ist! Aber als wir dann einmal die Kuhle um den Haufen fertig hatten, wurde zumindest das Laufen leichter.
Meine Gruppe aus den vier schwedischen Jungs war hochmotiviert und hatte es definitiv drauf: Nach knapp zwei Stunden hatten wir den mit Abstand größten Schneehaufen von allen, sodass wir sogar noch anderen Gruppen geholfen haben.
Die Schneehaufen mussten nun über Nacht liegen bleiben, damit der Schnee hart werden konnte. Wir sind also wieder zurück in die warme Base gefahren und haben um 16.30 Uhr (?!) ein warmes Abendessen bekommen. Danach gab es noch drei Stunden "Unterricht" über Frostbites und Menschen, die im Eis einbrechen und danach einen "Abendsnack" um 20 Uhr mit Cornflakes, Brot, Käse und einer Menge Schinken... Verstehe einer die Schweden.







Am zweiten Tag wurden wir viel zu früh um 6:30 Uhr geweckt und waren ab 9 Uhr wieder draußen auf dem Feld. Dort durften wir nun Stöcke 20 cm tief in die Schneehaufen stecken, sodass wir Distanzmarkierungen zum Aushöhlen der Iglus hatten.
Danach haben wir ein paar ziemlich coole und praktische Sachen gelernt: Holz hacken (das kannte ich ja sogar schon vom Wandern), mit Messern umgehen und Feuer machen ohne Feuerzeug! Dafür haben wir Birkenrinde von trockenem Holz abgekratzt und mit einem Magnesiumstab und einem Messer Funken erzeugt, die die Rinde in Brand gesetzt haben. Das war erstaunlich einfach und hat mir riesigen Spaß gemacht! Man hatte richtig das Gefühl, zu lernen, im Wald zu überleben, auch wenn es ja meist recht unwahrscheinlich ist, dass man einen Magnesiumstab dabei hat...

Der größte Teil des zweiten Tages bestand nun darin, die Quincys auszuhöhlen. Der Unterschied zu einem Iglu ist, dass ein Quincy ein ausgehöhlter Schneehaufen ist, ein Iglu dagegen aus Schneeblöcken zusammengesetzt wird.
Beim Aushöhlen sollten wir darauf achten, dass unsere "Betten" bzw. der Großteil des Innenraums höher liegt als der Eingang. Wir mussten also vorne einen kleinen Flur bauen und dahinter eine 50cm hohe Stufe, die zum Innenraum führt.
Die Jungs haben sich auch hier super geschickt angestellt, aber ich würde schon sagen, dass ich auf jeden Fall auch meinen Anteil geleistet habe beim Aushöhlen. Es hat auf jeden Fall super viel Spaß gemacht und ich war richtig beeindruckt, wie gut es funktioniert hat!
Unser Innenraum wurde richtig riesig, wir konnten leicht alle fünf darin Platz finden und im "Flur" konnte ich sogar fast aufrecht stehen. Und weil wir am Ende noch super viel Zeit über hatten, haben die Jungs den Innenraum noch perfektioniert: Alles perfekt gerade gemacht, Ablagen an den Seiten gebaut und am Ende noch eine große Mauer außen vor den Eingang gebaut.
Wir hatten auf jeden Fall mit Abstand das aufwendigste und größte Quincy am Ende ;)
Die schwedischen Jungs aus meiner Gruppe haben sich an ihre Kindheit zurückerinnert gefühlt und gebaut, was das Zeug hält! Dabei hat es mir immer richtig Spaß gemacht, mit ihnen zusammenzuarbeiten, auch wenn ich nicht immer alles von ihrem Schwedisch verstanden habe... Vor allem das ganze Iglu-bau-Vokabular: Hinlegen, angeben, auftstellen, reindrücken, verbreitern usw. ist im Schwedischen halt nicht immer nur "to put", sondern es gibt unzählige verschiedene Vokabeln. Ich habe aber auf jeden Fall eine Menge gelernt und das ist ja die Hauptsache :)

Die Nacht durften wir dann im Quincy verbringen, worauf ich mich schon richtig gefreut hatte. Dann hatte ich aber leider richtig Pech: Während wir abends zusammen gemütlich beim Lagerfeuer saßen, habe ich plötzlich richtig "Rückenschmerzen" bekommen und mir war ziemlich schnell klar, dass ich mir eine Nierenentzündung eingefangen hatte... Das unklügste, was ich da hätte machen können, wäre es gewesen, draußen im Kalten und Nassen zu schlafen... Also gab es für mich leider keine Nacht im Iglu, sondern ich durfte zurück in die Militärbasis und dort schlafen :(
Was aber wahrscheinlich eine gute Idee war, weil die Schmerzen nachts nicht unbedingt besser wurden und ich morgens direkt zum Art konnte, wo ich Antibiotikum bekommen habe.

Von den anderen habe ich aber gehört, dass sie abends zwar richtig gute Nordlichter gesehen haben, die Nacht im Iglu aber nicht so traumhaft war, wie sie es sich vorgestellt hatten. Dadurch dass es tagsüber so warm war, war die Luftfeuchtigkeit sehr hoch und alle meinten, sie hätten ziemlich gefroren in der Nacht. Trotzdem will ich das irgendwann nochmal nachholen!

Alles in allem war der Trip aber eine super coole Erfahrung, mit dem Quincy bauen, Feuer machen und meiner Schweden-Gruppe!


















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